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Leitbild und Grundsatzprogramme


Der Deutsche Alpenverein hat seine Ziele und Ansprüche in seinem Leitbild veröffentlicht. Dieses Leitbild wurde auf der Hauptversammlung des DAV 2012 in Stuttgart beschlossen.

Ein Jahr danach hat der DAV sein Grundsatzprogramm Naturschutz verabschiedet. Auf der Hauptversammlung 2016 folgte dann auch das Grundsatzprogramm Bergsport.



Leitbild des Deutschen Alpenvereins



Wir lieben die Berge!

Der 1869 gegründete DAV ist ein unabhängiger Bergsport- und Naturschutzverband. Er hat rund eine Million Mitglieder in mehr als 350 rechtlich selbstständigen Sektionen. Durch sein Wirken fördert er das Gemeinwohl und das Miteinander von Menschen unterschiedlicher Generationen, sozialer und kultureller Herkunft.

Die Mitglieder des DAV eint die Leidenschaft für die Berge. Zentrale Werte des DAV sind Freiheit, Respekt und Verantwortung. Das bedeutet: Die Mitglieder sind frei bei der Wahl ihrer bergsportlichen Aktivitäten und im Umgang mit den damit verbundenen Risiken. Diese Freiheit hat ihre Grenzen. Sie resultieren aus Respekt und Verantwortung gegenüber Mensch und Natur.

[Berge: dazu zählen neben den bekannten Gebirgsregionen wie
den Alpen, den Anden, dem Himalaja etc. auch die Mittelgebirge
sowie Felsen im Flachland und in den Küstenregionen.]

Die Kernaktivitäten des DAV sind Bergsport, Bergsteigen und Alpinismus. Voraussetzung dafür ist der freie Zugang zur Natur. Wesentliche Aspekte sind die Freude an der Bewegung, die Gesundheit und Erholung für Körper, Geist und Seele, das intensive Erleben von Natur und sich selbst sowie die Auseinandersetzung mit Kultur, Geschichte und Tradition.

[Alpinismus: sämtliche Aktivitäten, die im Zusammenhang
mit dem Besteigen, Erleben, Erkunden, Darstellen und
Bewahren der Berge und Bergregionen stehen.]

Als Naturschutzverband setzt sich der DAV für den Erhalt der einzigartigen Natur- und Kulturräume der Alpen und Mittelgebirge ein.

Seiner Rolle als Bergsport- und Naturschutzverband wird der DAV durch eine kontinuierliche Abwägung zwischen dem Schutz der Natur und den Interessen der Bergsportlerinnen und Bergsportler gerecht.



Mitglieder [Für wen wir da sind]

Der DAV ist offen für alle, die sich mit seinen Werten und Zielen identifizieren. Die langfristige Bindung der Mitglieder ist ihm wichtig.

Jugend
Die Förderung von Kindern und Jugendlichen hat im DAV eine besondere Bedeutung. Hierfür besteht mit der JDAV eine eigene Organisationsform. Wesentliche Ziele der Jugendarbeit sind die Persönlichkeitsentwicklung, die Erziehung zu umweltbewusstem Denken und Handeln, das Erlernen von sozialen Verhaltensweisen und Verantwortung sowie die Vermittlung von bergsportlichen Kompetenzen. Die Jugendbildungsstätte des DAV ist dafür ein wichtiger Ort.

Familie und Senioren
Der DAV leistet einen Beitrag für den Zusammenhalt und den Dialog der Generationen und verpflichtet sich zu einer familienfreundlichen und generationengerechten Grundhaltung. Dazu entwickelt er zielgruppenspezifische Angebote.



Tätigkeitsfelder [Was wir tun]

Bergsport und Bergsteigen
Bergsport und Bergsteigen bieten ein faszinierendes Spektrum von Aktivitäten. Der DAV ist grundsätzlich offen für alle Bergsportarten und fördert sowohl den Breitensport, als auch den Leistungs- und Wettkampfsport. Wesentliche Disziplinen sind das Wandern, Tourengehen, Klettern, Skibergsteigen und Mountainbiken.

Der DAV engagiert sich für Sicherheit in den Bergen und legt Wert auf eine hohe Qualität seiner Aus- und Fortbildungsangebote. Er fördert die Eigenverantwortung und den verantwortungsvollen Umgang mit dem Risiko und der Natur. Der DAV steht für einen fairen und dopingfreien Bergsport und spricht sich für den Einsatz von möglichst wenig künstlichen Hilfsmitteln aus.

Natur und Umwelt
Die Alpen und Mittelgebirge sind einzigartige Lebensräume mit einer besonderen biologischen Vielfalt und einem reichen kulturellen Erbe. Der DAV tritt für den Schutz und die nachhaltige Entwicklung dieser Lebensräume ein. Ein besonderes Anliegen ist ihm der Erhalt weitgehend unerschlossener Gebiete und unberührter Landschaften. Der DAV setzt sich für die naturverträgliche, umwelt- und klimaschonende Ausübung des Bergsports und die ökologische Ausrichtung der damit verbundenen Infrastruktur ein. Er fördert die Bewusstseinsbildung seiner Mitglieder für den Natur- und Umweltschutz.

Hütten, Wege, Kletteranlagen
Hütten, Wege und Kletteranlagen sind prägend für die Identität des DAV und wichtig für die Ausübung des Bergsports.

Die Erschließung der Alpen mit dem Bau von Hütten und Wegen betrachtet der DAV als abgeschlossen; das bestehende Netz wird an den Bedarf angepasst. Die Hütten orientieren sich in Ausstattung und Betrieb an bergsportlichen, ökologischen und ökonomischen Kriterien. Der DAV fördert ein bedarfsgerechtes Netz von künstlichen Kletteranlagen zur wohnortnahen Ausübung des Klettersports.

Kultur
Der DAV setzt sich mit der Geschichte, der Kultur und aktuellen Themen des Alpinismus auseinander. Er dokumentiert diese, bereitet sie auf und bringt sie in die öffentliche Diskussion ein. Dafür arbeitet er auch mit Wissenschaft und Forschung zusammen.

Das Haus des Alpinismus mit Archiv, Bibliothek und Museum ist das zentrale Forum, in den Regionen sind die Sektionen Träger kultureller Aktivitäten.



Organisation und Führung [Wie wir arbeiten]

Struktur
Der DAV hat eine zweistufige Verbandsstruktur. Er besteht aus rechtlich selbstständigen Vereinen, den Sektionen, die gemeinsam als Solidargemeinschaft den Bundesverband bilden. Die Meinungs- und Willensbildungsprozesse im DAV erfolgen demokratisch. Für bestimmte Aufgaben bilden die Sektionen auf Landes- und Regionalebene Zusammenschlüsse. Diese werden an der Meinungs- und Willensbildung beteiligt.

Mitglied im DAV wird man durch Beitritt zu einer Sektion.

Ehrenamt
Das Ehrenamt ist von elementarer Bedeutung für den DAV und für seine Führung auf allen Ebenen verantwortlich. Ziel ist es, mehr Frauen für Führungsaufgaben zu gewinnen. Der DAV engagiert sich für die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Ehrenamt. Auf der Basis von Achtung und gegenseitigem Vertrauen arbeiten ehrenamtliche und hauptberufliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sachgerecht und zielorientiert zusammen.

Finanzen
Der DAV ist überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen finanziert und wahrt dadurch seine Unabhängigkeit. Andere Mittel werden nur in Anspruch genommen, soweit dies mit den Werten und Zielen des DAV vereinbar ist. Die Mittelherkunft und -verwendung ist transparent.

Kommunikation und Information
Der DAV beansprucht, die führende Informationsquelle zum Bergsport und Alpinismus in Deutschland zu sein. Diesem Anspruch wird er mit Fachkompetenz und Aktualität gerecht. Der DAV ist Meinungsbildner, bezieht Stellung, setzt Standards und dokumentiert Fakten. Die Kommunikation des DAV ist geprägt von Wertschätzung, Offenheit und Transparenz.

Politik, nationale und internationale Zusammenarbeit
Der DAV vertritt seine Interessen aktiv und kontinuierlich gegenüber Politik, Verwaltung und Verbänden.

In anderen Bergsport- und Naturschutzorganisationen beansprucht der DAV eine bedeutende Rolle und tauscht Wissen und Erfahrungen aus. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf seine Vernetzung im Alpenbogen sowie auf die Pflege der traditionellen Beziehungen zum Oesterreichischen Alpenverein und zum Alpenverein Südtirol.

[Leitbild: übergeordnetes Führungsinstrument des DAV; Konkretisierungen erfolgen in
Grundsatzpapieren, z.B. „Grundsatzprogramm zum Schutz und zur nachhaltigen
Entwicklung des Alpenraumes sowie zum umweltgerechten Bergsport“, „Konzeption
Breitenbergsport und Sportentwicklung“, „DAV-Leistungssportkonzept“, „Erziehungs-
und Bildungsziele der JDAV“ sowie Mehrjahres- und Jahresplanung]

Leitbild - Beschluss Hauptversammlung 10.11.2012


Das Leitbild können Sie hier auch als Folder  herunterladen.



Grundsatzprogramm Naturschutz



Grundsatzprogramm zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraumes sowie zum umweltgerechten Bergsport


Begriffe

Zum besseren Verständnis sind die nachfolgenden Begriffe, die im Grundsatzprogramm verwendet werden, aus DAVspezifischer Sicht einheitlich definiert. Dabei werden die Begriffe analog zum Leitbild des DAV verwendet.

Alpenkonvention
„Die Alpenkonvention ist ein internationales Abkommen, das die Alpenstaaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Liechtenstein, Monaco, Österreich, Schweiz und Slowenien) sowie die EU verbindet. Sie zielt auf die nachhaltige Entwicklung des Alpenraumes und den Schutz der Interessen der ansässigen Bevölkerung ab und schließt die ökologische, soziale, wirtschaftliche und kulturelle Dimension ein. Um dieses Ziel zu verwirklichen, wurden eine Rahmenkonvention und acht Protokolle angenommen, die den Themen Raumplanung, Landwirtschaft, Wald, Natur und Landschaft, Energie, Boden, Tourismus und Verkehr gewidmet sind.“1)

Biologische Vielfalt
Die biologische Vielfalt oder Biodiversität bezeichnet die Variabilität lebender Organismen und der ökologischen Komplexe, zu denen sie gehören. Dazu zählen neben der Vielfalt der Arten auch jene der Ökosysteme, Lebensräume und Landschaften sowie die genetische Vielfalt innerhalb der Arten.2)

Bergsport
Der Begriff Bergsport umfasst das Bergsteigen (dazu zählt das Bergsteigen und das Skibergsteigen in allen Schwierigkeitsgraden und Höhenlagen im Fels, Eis und Schnee, das Bergwandern und das Sportklettern) und die alpinen Sportarten (Sammelbegriff für alle sportlichen Aktivitäten, die sich aus dem Bergsteigen heraus entwickelt haben, z.B. alpines Skilaufen, Wettkampfklettern, Mountainbiking, Canyoning).

Nachhaltige Entwicklung
Der Begriff der nachhaltigen Entwicklung wird in diesem Grundsatzprogramm im Sinne des UN-Gipfels in Rio 1992 verwendet. Ziel einer nachhaltigen Entwicklung ist es demnach, eine möglichst ausgewogene und gerechte Balance zwischen den Bedürfnissen der heutigen Generation und den Lebensperspektiven künftiger Generationen zu finden. Dabei geht es im Kern um eine langfristig tragfähige Gestaltung gesellschaftlicher Entwicklung unter Berücksichtigung von ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekten.3)

Unerschlossene Räume, Wildnisgebiete
Unter unerschlossenen oder unverfügten Räumen werden Bereiche verstanden, die frei von moderner technischer Infrastruktur wie Straßen, Seilbahnen oder Skipisten sind, die aber durchaus durch menschliche Nutzung geprägt sein können. Wildnisgebiete sind großflächige unerschlossene Räume, die sich frei von menschlicher Zweckbestimmung weitestgehend unbeeinflusst entwickeln konnten und in denen die ursprüngliche Lebensraumdynamik erhalten geblieben ist.

Geländekammer
Als Geländekammer wird eine in sich geschlossene topografische Einheit definiert, die sich durch Geländemerkmale wie Grate, Rücken, Bäche, Vegetationsgrenzen, die Exposition oder einen Wechsel im Charakter der Landschaft von umgebenden Bereichen abgrenzen lässt.

Der besseren Lesbarkeit zuliebe wurde an einigen Stellen des Textes auf das Anhängen der weiblichen Form („innen“ etc.) verzichtet. Selbstverständlich schließt die männliche Form dann immer die weibliche mit ein.

1) Quelle: Ständiges Sekretariat der Alpenkonvention: „Die Alpenkonvention, Internationaler Vertrag für
    die Förderung, die Entwicklung und den Schutz der Alpen“, Innsbruck, 2010
2) Quelle: Definition des Begriffes „Biologische Vielfalt“ des Bundesamtes für Naturschutz
3) Quelle: Umweltbundesamt


Die Präambel

Die Alpen sind ein einzigartiger Natur- und Kulturraum mit einer außergewöhnlichen biologischen Vielfalt. Schwerwiegende Eingriffe des Menschen und die Auswirkungen des Klimawandels schwächen ihre natürliche und kulturelle Substanz. Der Erlebnis- und Erholungswert der Gebirgslandschaft wird durch die ungebremste Erschließungsspirale immer weiter beeinträchtigt. Verstädterung, demografischer Wandel in den Bergdörfern sowie das Auflassen der Landwirtschaft insbesondere in den Randregionen und abgelegenen Seitentälern sind Zeichen eines fortschreitenden Strukturwandels.

Im Zuge der Energiewende geraten die Wasserkraft-, Windkraft- und Pumpspeicherpotenziale der Alpen unter einen immer stärker werdenden Nutzungsdruck.

Natur- und Landschaftsschutz sind deshalb in besonderem Maße gefordert. Nur durch solidarisches und regional differenziertes Handeln können die Alpen als europäisch bedeutsamer Natur- und Kulturraum dauerhaft gesichert und als eng verzahnter Lebens-, Wirtschafts- und Erholungsraum erhalten werden.

Die Alpenvereine haben im 19. Jahrhundert in ihren Arbeitsgebieten die touristische Erschließung des Alpenraumes und dessen wissenschaftliche Erforschung eingeleitet. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde diesen Aufgaben die Erhaltung der Alpen in ihrer Schönheit und Ursprünglichkeit zur Seite gestellt. Bereits 1927 wurde der Naturschutz in die Satzungen der Alpenvereine aufgenommen. Heute setzen sie sich im Interesse kommender Generationen gleichermaßen dafür ein, Naturzerstörungen zu verhindern, Umweltbelastungen zu vermindern und die nachhaltige Entwicklung zu fördern. Dazu ist neben einer ausgewogenen regionalen Raumordnung und der Umsetzung einschlägiger europäischer Richtlinien auch eine europäische Raumentwicklung notwendig, die die Besonderheiten des Alpenraumes respektiert und fördert.

Die Alpenvereine fordern deshalb die Umsetzung der Alpenkonvention und unterstützen deren Weiterentwicklung. Unter Wahrung ihrer Identität und Grundsätze arbeiten sie bei gemeinsamen Anliegen, aber auch bei der Klärung von Konflikten mit Politik und Verwaltung sowie anderen Organisationen und lokalen Gruppierungen zusammen.

Der naturnahe Bergsport in den Alpen und Mittelgebirgen ist eine Kernaktivität vieler Alpenvereinsmitglieder. All seinen Spielformen ist das Naturerlebnis bei gleichzeitiger körperlicher Betätigung gemeinsam. Mit einer verantwortungsvollen Ausübung gehen die Wertschätzung der Natur und Sensibilisierung für Umweltfragen einher.

Die Alpenvereine treten dafür ein, dass das Recht auf Zugang zu Natur und Landschaft erhalten bleibt und Einschränkungen nur differenziert und nach sorgfältiger Abwägung der Interessen festgelegt werden. Um Konflikte zu vermindern, sind Rücksichtnahme und Achtsamkeit sowie die Bereitschaft zum Verzicht in wohlbegründeten Fällen notwendig.

Die Alpenvereine bekennen sich zum umweltverträglichen Bergsport, zur ökologischen Ausrichtung der Alpenvereinshütten und -wege sowie zur umweltfreundlichen Reise in die Berge.

Die Alpenvereine sehen sich als „Anwälte der Alpen“. Ihre Doppelrolle als Bergsport- und Naturschutzorganisation ist mit Zielkonflikten verbunden, die nicht ohne Kompromisse gelöst werden können.

Dementsprechend steht das Grundsatzprogramm für ein maßvolles und umsichtiges Nützen sowie ein vorausschauendes Schützen des Alpenraumes.

Die Arbeitsgebiete und Tätigkeiten der Alpenvereine beschränken sich nicht auf den Alpenraum. Die Aussagen des Grundsatzprogrammes und die damit verbundenen Aufgaben beziehen sich daher sinngemäß auch auf außeralpine Gebiete.

Das vollständige Grundsatzprogramm Naturschutz  (40 Seiten) können Sie hier herunterladen.

Es besteht aus den drei weiteren Teilen:

- Leitlienen

- Positionen des DAV zur Zukunft der Alpen

- Handeln des DAV.



Grundsatzprogramm Bergsport



1 Aufstieg

Die Zahl der Bergsportlerinnen und Bergsportler hat in den letzten Jahren stark zugenommen, genau wie die Bergsportarten und Spielformen, die sich in gleicher Weise ausdifferenziert und entwickelt haben. In seinem Leitbild formuliert der Deutsche Alpenverein (DAV) die Offenheit für alle Bergsportarten. Die im Leitbild des DAV definierten Tätigkeitsfelder werden in spezifischen Grundsatzprogrammen dezidiert dargestellt. Das Tätigkeitsfeld Bergsport und Bergsteigen, das ein Kernbereich des DAV ist, hat sich in den letzten Jahren deutlich verändert.

So hat z.B. die Ausübung von „alpinen“ Sportarten im urbanen und wohnortnahen Raum deutlich zugenommen. Die starke Entwicklung von Kletterhallen, der „Boulderboom“ und die internationale Sportentwicklung verändern z.B. den Klettersport merklich. Immer mehr Bergsportbegeisterte bedeuten immer unterschiedlichere Zielgruppen für den DAV und entsprechend differenziertere Angebote, die gemacht werden müss(t)en.

Es stellt sich bei der Ausdifferenzierung des Bergsports aber auch die Frage, welche Bergsportarten der DAV tatsächlich unter seinem Dach haben und entwickeln will und welche er eher kritisch betrachtet. Dabei ist zu klären, was Bergsport für den DAV überhaupt ist. Die rasante Entwicklung des Bergsports führt zu zahlreichen Fragen und einem hohen Klärungsbedarf.

Ziele
Diese Fragen versucht das Grundsatzprogramm Bergsport für den DAV zu klären. Hierbei wird stets Bezug auf das Leitbild des DAV als übergeordnetes Papier genommen. Ebenso wird an den überlappenden Stellen auf die bereits im „Grundsatzprogramm zum Schutz und zur nachhaltigen Entwicklung des Alpenraums sowie zum umweltgerechten Bergsport“ sowie auf zahlreiche weitere Konzepte und erarbeitete Positionen Bezug genommen.

Gleichzeitig ist es von zentraler Bedeutung, dass der DAV für sich klärt, was er überhaupt unter Bergsport versteht – der DAV muss sein Verständnis von (Berg)Sport formulieren. Darüber hinaus ist es für den DAV wichtig zu definieren, welches seine Bergsportarten sind und in welchen Handlungsfeldern er aktiv ist.

Zu relevanten Themen mit Verbandsbedeutung bezieht der DAV Stellung und formuliert Positionen. Diese Positionen kristallisieren sich aus einer Vielzahl bereits vorhandener Konzepte oder Positionspapieren heraus, teilweise sind sie auch neu oder bislang nicht explizit formuliert worden. Nicht zuletzt kommuniziert der DAV mit dem Grundsatzprogramm die Bedeutung und sein Verständnis des Bergsports nach innen und außen.


2 Bergsportverständnis des Deutschen Alpenvereins

Der Ursprung des Bergsports im DAV ist das Bergsteigen im „klassischen“ Sinn des 19. Jahrhunderts. Was damals unter dem Begriff Bergsteigen verstanden wurde, war das Gehen, Steigen und Klettern im Fels und Eis der Berge in den Alpen und auch weltweit, mit dem Ziel Gipfel zu „erobern“ und erstzubesteigen, Natur- und Kulturlandschaften zu bereisen und deren Fauna und Flora, Klima, Gesteine u.v.a.m. zu erkunden sowie der ansässigen Bevölkerung mit völkerkundlichem Interesse zu begegnen. Diese weit gefasste Herangehensweise wird auch unter dem Begriff des Alpinismus zusammengefasst, der qua Definition sämtliche Aktivitäten, die im Zusammenhang mit dem Besteigen, Erleben, Erkunden, Darstellen und Bewahren der Berge und Bergregionen stehen, umfasst.

Dem klassischen Alpinismus der frühen Jahre folgte mit Beginn des 20. Jahrhunderts das von hoher körperlicher Anforderung geprägte Klettern durch die großen Wände. Leitend war hier der Direttissima-Gedanke – die Idee einer ästhetischen Kletterlinie auf dem Weg des geringsten Widerstandes durch eine abschreckende Wand. Nachfolgende Generationen begannen schließlich damit, das Bergsteigen und Klettern über die Alpen hinaus in die großen Höhen aller Kontinente bis hin zu den Achttausendern zu übertragen.

Revolutionär und bis heute prägend ist die Entwicklung und Etablierung des Freiklettergedankens, also der Verzicht auf technische Hilfsmittel zur Fortbewegung beim Klettern. Dieser Stil des sogenannten freien Kletterns wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von deutschen, österreichischen und anglo-amerikanischen Protagonisten initiiert. Der endgültige Durchbruch des modernen Freikletterns fand in Deutschland in den 1970er Jahren statt, einhergehend mit einer starken Internationalisierung des Frei- und später des Sportkletterns in den Klettergebieten weltweit.

Im Lauf der Jahre hat sich das Bergsteigen durch Abenteuertum, Entdeckergeist und Leistungsdrang kontinuierlich ausausdifferenziert: Disziplinen wie das Sportklettern, Eisklettern, das Speed-, Solo- und Wettkampfklettern und der „Plaisirbergsport“ der Gegenwart haben sich herausgebildet. Hinzu kommen neue Disziplinen wie das Mountainbiken oder Bouldern, die heute von einer Vielzahl von Menschen ausgeübt werden, ohne einen direkten Bezug zum Berg„steigen“ zu haben. Ebenso haben sich die Schauplätze der Aktivitäten von den Bergen im engeren – respektive traditionellen – Sinn auf die Mittelgebirge, Schluchten, ja auf einzelne Fels- bzw. Boulderblöcke und auf künstliche Felsen ausgeweitet. Zusammengefasst lässt sich sagen: Das Bergsteigen ist als eigenständige Disziplin bestehen geblieben – unter dem Dach des Bergsports. Mit diesem modernen Begriff lässt sich heute die Vielfalt des Sport- und Bewegungsverhaltens in den Bergen beziehungsweise die Vielfalt der Bewegungsformen, die sich aus dem Bergsteigen entwickelt haben, deutlich besser erfassen.

In seiner Geschichte hat sich der Bergsport, der anfangs nur aus dem Bergsteigen als elitäre Beschäftigung der zumeist akademisch gebildeten Mittel- und Oberschicht bestand, in weiten Teilen der Bevölkerung etabliert und ist heute zum Breitensport und zur Freizeitbeschäftigung für Viele geworden. Bergsport ist ein beliebtes Tätigkeitsfeld, in dem nicht nur Bergsportorganisationen wie die Alpenvereine tätig sind sondern auch andere gesellschaftliche Akteure wie beispielsweise Tourismusverbände oder das Bildungswesen. Zudem finden organisierte Wettkämpfe von der Vereins- bis hin zur Weltmeisterschaft statt. Bergsport ist also vom Freizeit- bis zum Spitzenbereich anzutreffen, wobei seit Beginn des neuen Jahrtausends eine Zunahme des medialen Interesses und kommerzieller Aktivitäten zu verzeichnen ist.

Berge
Der Schauplatz des Bergsports sind die Berge. Berge können dabei in allen Regionen der Erde gelegen sein. Berge gibt es in den Hochgebirgen (z.B. Alpen) und in den Mittelgebirgen. Im geografischen Sinn sind Berge topografische Formationen, die sich über ihre Umgebung erheben.

Für den Menschen sind Berge Orte, an denen unter anderem Aktivitäten möglich sind, die als Bergsport bezeichnet werden. Durch ihre sehr vielfältigen Formen bieten Berge die unterschiedlichsten körperlichen Herausforderungen, die im weiteren Sinn auch mentaler Art sind. Zu deren Bewältigung ist umfassendes Wissen und Können erforderlich. Zugleich bieten Berge die Möglichkeit zu einzigartigen Erlebnissen und faszinierenden Erfahrungen im gesamten Spektrum des Alpinismus (z.B. Landart, alpine Malerei, Alpenflora und -fauna).

Bergsport und Alpinismus sind heute nicht mehr auf den Berg im engen topografischen Sinn beschränkt; auch Felswände, Boulderblöcke und andere zum Gehen, Steigen und Klettern herausfordernde natürliche und künstliche Formationen und Räume bieten Orte für Bergsport und werden somit zu Bergen im übertragenen Sinn. Auch künstlich angelegte Strukturen wie z.B. Kletteranlagen können in einem metaphorischen Verständnis als Berge bezeichnet werden. Denn auch diese Erlebnisorte bieten unterschiedlichste körperliche und mentale Herausforderungen und komplettieren die Bandbreite des Begriffs „Berg“.

Berg-Sport
Der bis heute teils kritische Umgang des DAV mit dem Begriff „Sport“ beruht auf seiner spezifischen Geschichte, die mit dem Bergsteigen ursprünglich nur wenig Überschneidungen hatte. Der Sport entwickelte sich in England, im Zentrum stand das Sich-Messen verschiedener Mannschaften. Daraus entwickelte sich auch in Deutschland ein traditionelles Sportverständnis, das geprägt war von der Erreichung von Leistungszielen, der Dominanz von Sportorganisationen und einem festen Regelwerk.

Diese Merkmale stehen im Gegensatz zu den prägenden Merkmalen des klassischen Bergsteigens, in dem Freiheit, Selbstständigkeit und Verantwortung an oberster Stelle stehen.

Das moderne Sportverständnis unterscheidet sich jedoch deutlich vom traditionellen Sportverständnis:

• Sport wird geprägt durch eine hohe Individualität in der Sportausübung. Aufgrund der abnehmenden gemeinsamen freien Zeit der Menschen wird Sport zunehmend individueller organisiert. Vereine orientieren sich an den Sportlerinnen und Sportlern und nicht umgekehrt.

• Sport wird losgelöst von organisierten Angeboten betrieben. An Wochenenden, im Urlaub usw. wird selbstständig organisiert Sport getrieben.

• Sport wird aus einer Vielzahl von Motiven heraus betrieben. Die Motive der Sporttreibenden werden vielfältiger. Das Leistungs- und Wettkampfmotiv ist dabei eines unter vielen. Weitere Motive sind z.B. Gesundheit, Natur-Erleben und soziales Miteinander.

• Sport wird von der Gesellschaft hoch bewertet. Im Gegensatz zu früher wird Sport von einer viel größeren Zahl an Menschen quer durch die Bevölkerung betrieben und hat in Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft einen hohen Stellenwert.

Das moderne Sportverständnis löst damit den Widerspruch zwischen traditionellem Bergsteigen und traditionellem Sportverständnis in weiten Teilen auf. Die Vielfalt der Stile und Akteure verdrängt eingefahrenes „Lagerdenken“. Im Bergsport des 21. Jahrhunderts fördern Toleranz und Respekt den Ausgleich verschiedener Interessen zwischen traditionellem Bergsteigen und zeitgenössischem Bergsport.

Bergsport im DAV umfasst alle auf dem Gehen, Steigen und Klettern gründenden Bewegungsformen an „Bergen“ als topografische Formation und als Erlebnisraum.

Bergsport, Gesellschaft und der DAV
Der DAV wirkt als weit vernetzter Verband im gesellschaftlichen (Sport)Umfeld nicht isoliert oder ausschließlich nach innen. Der DAV wird als Sportverband wahrgenommen durch seine Aktivitäten beispielsweise beim Kletteranlagenbetrieb, den mannigfaltigen Themen des Breitensports, beim Eintreten für das naturverträgliche Skibergsteigen, durch Ausbildung und Sicherheitsforschung und den Wettkampfsport.

Bergsportlerinnen und Bergsportler
Bergsporttreibende Menschen suchen Herausforderungen und Erlebnisse, ob am „echten“ Berg oder am symbolischen Berg wie zum Beispiel in der Kletterhalle. Ob es die unterhaltsame Bergtour mit Freunden ist, die Schönheit der Natur, das Spüren der eigenen Grenzen oder Entspannung und Erholung in den Bergen, Bergsport ermöglicht diese Vielfalt von Erlebnissen. Alle Erlebnisse sind individuell unterschiedlich und dennoch gleichwertig. Sie können sich beim Einzelnen im Lauf der Zeit oder in Abhängigkeit der Disziplin oder Lokalität der Bergsportart ändern und auch überlagern. Somit variiert die Intensität der bergsportlichen Ausübung und wird biografischen Veränderungen angepasst. Was einerseits als Verlust von körperlicher Leistungsfähigkeit erlebt werden mag, kann andererseits zu mehr Sicherheit, Erfahrung und Erlebnistiefe führen.

Unsicherheit, Risiko, Verantwortung
Bergsportlerinnen und Bergsportler sind frei bei der Wahl ihrer bergsportlichen Aktivitäten und im Umgang mit den damit verbundenen Risiken. Der entsprechende Preis ist das Akzeptieren von Unsicherheit und Risiko, die dem Aufenthalt in den Bergen innewohnen. Daraus resultiert wiederum die Notwendigkeit, Verantwortung zu übernehmen – subjektiv und objektiv. Bergsportlerinnen und Bergsportler müssen verantwortlich gegenüber sich, den anderen und der Natur handeln. Tun sie das nicht, bewegen sie sich leichtsinnig und verantwortungslos in den Bergen. Dies kann schwerwiegende Folgen haben, denn Bergsport birgt Gefahren, die jedoch durch die realistische Einschätzung des eigenen Könnens und durch Risikomanagement minimiert werden können. Dennoch bleibt ein Teil Unsicherheit bestehen und jede Bergsportlerin und jeder Bergsportler ist einem Restrisiko ausgesetzt, ob bewusst oder unbewusst.

Natur und Umwelt
Im Wesentlichen sind Bergsportlerinnen und Bergsportler in der freien Natur unterwegs. Dabei müssen sie die Belange des Natur- und Umweltschutzes berücksichtigen und die Beeinträchtigung der Natur und Umwelt so gering wie möglich halten. Grundvoraussetzung ist hierfür ein Naturverständnis, das Berge nicht allein als Sportstätten versteht, sondern als belebten Teil der Erde, dem Achtung und Würde gebührt wie den Menschen und Tieren. Bergsport und die Natur und Umwelt sind aufs Engste verwoben und haben ein nahezu intrinsisches Verhältnis.

Das vollständige Grundsatzprogramm Bergsport  (40 Seiten) können Sie hier herunterladen.

Es besteht aus insgesamt 7 Kapiteln - die weiteren Kapitel sind überschrieben mit:

3 Bergsportarten im Deutschen Alpenverein

4 Beschreibung der Bergsportarten im DAV

5 Überblick der Handlungsfelder

6 Positionen des DAV zum Bergsport

7 Abstieg


 
 



Der nächste InfoAbend
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findet am 13. Mai statt.



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